UNDER SUSPICION

„Start recording.“

Under Suspicion ~ USA/F 2000
Directed By: Stephen Hopkins

San Juan, Puerto Rico, am Abend des San Sebastián Festivals. Während der reiche Inselprominente und Philanthrop Henry Hearst (Gene Hackman) auf eine Rede bei einer Benefizveranstaltung für Hurricane-Opfer vorbereitet, bittet ihn ein alter Bekannter, Police Captain Victor Benezet (Morgan Freeman), zu einer angeblichen Kurzbefragung aufs hiesige Polizeirevier. Hearst hat tags zuvor in einer Parkanlage die Leiche eines zwölfjährigen Mädchens (Vanessa Shenk) entdeckt – bereits das zweite Mordopfer dieses Alters binnen weniger Tage. Was Hearst nicht ahnen kann: sowohl Benezet als auch sein Adlatus Detective Owens (Thomas Jane) sind aufgrund auffallender Widersprüche in Hearsts Erstaussage der Ansicht, er selbst sei der Hauptverdächtige in beiden Fällen. Und tatsächlich bringt das Verhör Diverses zu Tage, das Hearst immer tiefer in die Angelegenheit verstrickt, ein Eindruck, den ein zusätzliches Interview mit Hearsts Gattin Chantal (Monica Bellucci) nochmals deutlich verschärft….

Wie Claude Millers bereits 1981 entstandener „Garde À Vue“ adaptiert Hopkins‘ Film den Kriminalroman „Brainwash“ des britischen Autors John Wainwright – die Bezeichnung „Remake“ wäre in diesem Fall also strenggenommen unztreffend. Da mir die Vorlage unbekannt ist, vermag ich zur reinen Verfilmungsqualität in beiden Fällen nichts zu äußern – was den Direktvergleich zwischen Millers und Hopkins‘ Variationen anbetrifft indes doch. Der in Paris in der Silversternacht spielende „Garde À Vue“ lebt von einer immensen formalen und psychologischen Strenge, die sowohl sein Regisseur als auch seine formidable Besetzung in konzentrierten Darstellungen widerspiegeln. „Under Suspicion“ begibt sich ganz diametral dazu in das karibische Flair der US-Dependance Puerto Rico, wahrt jedoch eine ähnliche Dichte in Bezug auf Handlungsort und -Zeit. Wie Millers Film kann sich „Under Suspicion“ primär auf seine beiden Antagonisten stützen, namentlich Morgan Freeman und Gene Hackman, die sich hier acht Jahre nach Eastwoods „Unforgiven“ abermals gegenüberstehen, diesmal jedoch unter umgekehrten Voraussetzungen. Als Mann, der Macht, Einfluss und ein gewisses autobiographisches Laisser-faire gewohnt ist, hält Henry Hearst dem durch die Exekutive ausgeübten Druck nicht in der Form stand, wie man es von ihm gewohnt sein könnte. Tatsächlich treffen die Suggestivfragen Benezets ihn völlig unbereitet und positionieren ihn bald in der Sackgasse der Ausweglosigkeit. Eine langwierige Ehekrise, die sich durch fehlende Kommunikation, Verdachtsmomente und Unterstellungen verhärtet hat, tut ihr Übriges. Am Ende stehen drei Individuen, die sich durch ihr stoisches, unreflektiertes Verhalten allesamt selbst in ihr persönliches und soziales Aus manövriert haben; eine Entwicklung, die bei Miller (wiederum fehlt mir der Romaninhalt zur besseren Einordnung) mit dem Verzweiflungssuizid der von Romy Schneider gespielten Ehefrau eine noch weitaus tragischere conclusio einfordert. Ganz so dramatisch mochte man in der US-Version dann doch nicht schließen, wie auch sonst einige Regieentschlüsse fragwürdig erscheinen. So wirkt insbesondere die Marotte, die Polizeiermittler als unmittelbare und aktive Teilnehmer der subjektiven Rückblicke zu inszenieren, eher platt und manieristisch denn funktional und nimmt sich somit eher als defizitäres Merkmal aus. Die Bellucci passt zwar in ihre Rolle, kann einer Romy Schneider aber fraglos nicht das Wasser reichen und auch Thomas Janes Rolle wirkt ungeachtet der eigentlichen Qualitäten des mir stets sympathischen Akteurs merkwürdig vor die Wand gefahren. Grundsätzlich sehenswert bleibt „Under Suspicion“ als Kriminalfilm jedoch allemal, insbesondere durch den ungewöhnlichen Handlungsschauplatz und eben die treffliche Edelpaarung Hackman/Freeman.

7/10

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