FATE IS THE HUNTER

„Some kind of… coincidence perhaps.“

Fate Is The Hunter (Bezwinger des Todes) ~ USA 1964
Directed By: Ralph Nelson

Nach dem Absturz einer Passagiermaschine an der Küste von L.A., bei dem sämtliche Insassen mit Ausnahme einer Stewardess (Suzanne Pleshette) sterben, werden rasch posthume Beschuldigungen durch Presse und FBI gegen Jack Savage (Rod Taylor), den Piloten des Fliegers, laut. Er habe getrunken, sei allgemein unzuverlässig und ein loser Typ. Für den Geschäftsführer der Airline, Sam McBane (Glenn Ford), der mit Savage in Korea gedient hat, steht derweil felsenfest, dass andere Gründe für den Crash verantwortlich waren. Um Savage nachträglich zu entlasten, entschließt sich McBane, den Flug mit allen damaligen Gegebenheiten nachzustellen…

Ralph Nelsons vierter Film, eine Adaption des gleichnamigen Romans von Ernest K. Gann, greift erneut die vom Regisseur bereits beackerten Themen Freundschaft und Ohnmacht auf. Für die Fox in Scope gedreht, stand Nelson eine deutlich umfangreichere Budgetierung zur Verfügung als bisher, was ihm teurere Stars und production values gestattete, die inszenatorischen und dramaturgischen Qualitäten, wie sich zeigen sollte, jedoch nicht nennenswert aufstockte. „Fate Is The Hunter“ ist primär die Geschichte einer ehrgeizigen Ehrenrettung, die in etwas umständlicher Metaphorik von der Allmacht von schicksalhaften Zufallsketten berichtet: Was letzten Endes zum Absturz des Flugzeugs führte, so erweist sich am Ende, lässt sich mitnichten auf die Inkompetenz oder gar das Unvermögen des Piloten Savage (der sich im Zuge von McBanes Recherchen vielmehr als absolut integrer Mensch, als rundum verlässlicher und liebenswerter Zeitgenosse, dessen enge Vertraute ihn tatsächlich durchweg über den grünen Klee loben) zurückführen, sondern ganz lapidar auf eine engmaschige Verkettung unglücklicher Umstände, zu der neben der Überlastung des Flughafens und technischem Versagen im Cockpit noch andere Faktoren beitrugen. Der tragische Unfall, so scheint es, war in seiner Gänze vom Schicksal inszeniert.
Dass der Plot, so wie er sich hier präsentiert findet, eigenartig verwässert wirkt, liegt, zumindest habe ich diesen Eindruck, an seiner grunndsätzlich unfilmischen Natur; was im gedruckten Wort für emotionalen Druck und Spannung sorgen mag, erscheint im Film beinahe unmotiviert heruntererzählt. Nelson scheint trotz der in ihr angerissenen Motive kein besonderes persönliches Interesse an der Abwicklung seiner Geschichte gehabt zu haben, anders kann ich mir die plätschernde Teilnahmslosigkeit seiner Regie nicht erklären. Immerhin macht Hauptdarsteller Ford als zweifelnder Wahrheitssuchender eine gute Figur. Das ist leidlich mehr als sich vom Rest dieses merkwürdigen Films behaupten lässt.

5/10

WICHITA

„I don’t want to get involved.“

Wichita ~ USA 1955
Directed By: Jacques Tourneur

Der vormalige Büffeljäger Wyatt Earp (Joel McCrea) kommt 1874 nach Wichita, um von der allgemeinen Hysterie um die just im Aufstreben begriffene Stadt zu profitieren: Er will ein Geschäft aufmachen, bloß was für eines weiß er noch nicht. Als die Stadtoberen seiner Schieß- und Streitschlichtungskünste gewahr werden, versucht man ihn zum Marshall zu machen, doch Earp lehnt ab. Die Sache ändert sich, als eine große Gruppe Cowboys, mit der Earp zuvor in der Prärie bereits unangenehme Erfahrungen machen musste, die Stadt entert, sich sinnlos besäuft und randaliert, wobei unfällig ein kleiner Junge zu Tode kommt. Earp heftet sich den Stern an, holt seine Brüder Morgan (Peter Graves) und Jim (John Smith) zur Hilfe und räumt in Wichita auf.

Dieser annähernd perfekt gepacete Western von einem noch immer auf der Höhe seiner Kunst befindlichen Jacques Tourneur nimmt es mit der eigenen Authentizität zwar nicht allzu genau, bereichert den Filmmythos Wyatt Earp dafür jedoch um einen Beitrag, der den wesentlich berühmteren von Ford, Sturges und später Cosmatos und Kasdan zumindest im Hinblick auf deren reine Genreanbindung in Nichts nachsteht. Joel McCrea ist ein toller, obschon vielleicht deutlich zu alter Wyatt Earp, der ihn unterstützende Bat Masterson (Keith Larsen) bereits als junger Mann ein aufrechter Journalist mit flinken Händen, die Liste der Bösewichte mit Robert Wilke, Lloyd Bridges, Edgar Buchanan und natürlich Jack Elam angemessen illuster. Tourneur, der bereits unmittelbar zuvor mit McCrea an „Stranger On A Horseback“ gearbeitet hatte, respektive sein dp Harold Lipstein machen hier erstmals Gebrauch vom Scope-Format und erweisen sich sogleich als virtuose Handhaber desselben. Auch tut es dem Film sehr wohl, dass er derart knackig, kurz und überaus konzentriert geraten ist; so bleibt „Wichita“ nämlich frei von jedwedem Ballast und jedweder Redundanz und geht so professionell und ansprechend zu Werke, wie einst wohl sein Held, siebzig Jahre zuvor.

8/10

TONY ROME

„This isn’t a family. It’s just a bunch of people living at the same address.“

Tony Rome (Der Schnüffler) ~ USA 1967
Directed By: Gordon Douglas

Alles beginnt ganz harmlos für den Ex-Cop, Privatdetektiv und Hobbyangler Tony Rome (Frank Sinatra): Er soll die stockbetrunkene Diana Pines (Sue Lyon) nach Hause bringen, ohne dass ihr einflussreicher, reicher Vater Rudy Kosterman (Simon Oakland) erfährt, wie und wo sie die letzte Nacht verbracht hat. Die Sache verkompliziert sich, als Diana Tony bittet, eine kostbare Diamantenbrosche, die sie in jener Nacht verloren hat, aufzutreiben. Plötzlich gibt es mit Tonys früherem Partner Turpin (Robert J. Wilke) den ersten Toten und die bald wiederauftauchende Brosche erweist sich als billiger Glasschmuck. Offenbar lässt jemand die Familienjuwelen sukzessive durch Imitate ersetzen. Tony hat rasch Kostermans Gattin Rita (Gena Rowlands) in Verdacht. Das Glamour-Girl Ann (Jill St. John) ist ihm bei der Aufklärung behilflich…

In unmittelbarem Schulterschluss um den stockernsten New Yorker Polizeifilm „The Detective“ fertigte das selbe Team zwei deutlich luftigere, vom swingenden Spirit der Spätdekade beseelte Detektivkomödien um p.i. Tony Rome an, der aus der Feder von Marvin H. Albert stammt. Rome war eine Art Philip Marlowe für die Sechziger: Ein Zyniker, Zocker, permanent abgebrannt, kaum einen Drink ausschlagend, scharfsinnig und mit einem besonderen Augenmerk für weibliche Hinterteile ausgestattet. Sein Einsatzgebiet ist Miami Beach, wo er wahlweise mit Kapitänsmütze oder pork-pie-hat seine ihn stets geflissentlich anödenden Fälle in Unweite seines Domizils, einer kleinen Motoryacht, zu lösen pflegt. In Lieutenant Santini (Richard Conte) von der hiesigen Polizei hat er einen permanent genervte, aber immer loyale Verbindung zu den offiziellen Stellen. Die sich etwas kompliziert gestaltenden Abläufe seiner kriminalistischen Ermittlungen hat er von den hard-boiled-Autoren der dreißiger und vierziger Jahre übernommen, bei denen sich der Plot gewohnheitsmäßig ebenfalls immer weitr verkomplizierte, bis der Durchblick schwerfiel und am Ende die meisten Beteiligten im Leichenschauhaus gelandet waren. Ganz so heftig geht es bei Tony Rome nicht zu; es gibt zwar auch hier ein paar unglückselige Ableben zu betrauern, diese werden innerhalb der gepflegt-distanzierten Dramaturgie jedoch bestenfalls per Schulterzucken quittiert. Sinatra ist zwar nicht mehr der Jüngste, da man weiß, dass vor allem die besonders coolen Privatdetektive jedoch ohnehin jeweils nur das nötigste Mindestmaß physischer Aktivität walten lassen (man sieht sie selbst höchst selten die Zigaretten anzünden, welche sie doch im Kettenbetrieb verkonsumieren), verlangt nieman Unmögliches von ihm. Für alles andere gibt es (gut erkennbare) Stuntleute.
„Tony Rome“ mit seinem von Sinatra-Tochter Nancy gesungenen (und Lee Hazlewood komponiertem) Titelsong ist ein unaufgeregter, gepflegter Detektivspaß, der niemandem weh tut und am Ende für alle, selbst für den überlebenden Ganoven, einen erklecklichen Abgang bereithält. Nur Rome muss neuerlich die dumme Erfahrung machen, dass der glückliche Spieler eben anderswo Pech hat. Aber er würde auf seine alten Tage vermutlich ohnehin nicht mehr gern so frequentiert rangenommen werden wollen wie sein flitterwöchnender Hafennachbar (Vorsicht, running gag!)…

7/10

A GUNFIGHT

„You stay the hell away from me, ya hear?“

A Gunfight (Rivalen des Todes) ~ USA 1971
Directed By: Lamont Johnson

Das Schicksal führt den berühmten, alternden Gunslinger Abe Cross (Johnny Cash) ausgerechnet in jenes Städtchen, in dem sein ebenfalls legendäres Pendant Will Tenneray (Kirk Douglas) sich mit Frau Nora (Jane Alexander) und Sohnemann Bud (Eric Douglas) zur Ruhe gesetzt hat. Die beiden Revolverhelden sind sich bislang nie begegnet, die Stadtbewohner jedoch sind sich sicher, dass es bis zu einem Duell nicht lang hin sein kann. Während über Cross der Pleitegeier kreist, verdient Tenneray sich seinen spärlichen Verdienst im Saloon von Marv Green (Dana Alcar), wo er die Leute zum Saufen animiert und alte Geschichten zum Besten gibt. Als sie sich schließlich begegnen, sind Cross und Tenneray sich eigentlich viel zu sympathisch, um sich zu schießen, doch die Idee, aus einem öffentlichen Duell Kapital zu schlagen, ist allzu verlockend, zumal eine Stierkampfarena jenseits der Grenze hinreichend wettkräftiges Publikum fasst. Die Männer kommen überein, ein Duell auf Leben und Tod zu begehen, nach dessen Ausgang dem Gewinner alles zukommt.

Unabhängig finanziert, darunter mit rettenden Geldern des Stammes der Jicarilla-Apachen, ist „A Gunfight“ einer der elegischen Spätwestern, wie sie in dieser Zeit legionär entstanden: Ein Abgesang auf die Nostalgie und Romantik der alten Flamboyanz, die der US-Genrefilm von seiner Entstehung an bis in die Mitte der sechziger Jahre hinein so glänzend kultiviert hatte. Nun wurden die Helden langsam alt und müde; Kirk Douglas etwa (der in knapp zwei Wochen seinen 100. feiert) war mit 55 nicht mehr der Jüngste und mit Johnny Cash, 16 Jahre jünger aber mindestens ebenso alt ausschauend wie Douglas, wurde ein einschlägiger Musikus als sein Freund und Gegner verpflichtet. Regisseur Johnson arbeitete vornehmlich fürs Fernsehen und macht nur wenig Anstalten, dies zu verhehlen: Seine Inszenierung ist weithin nüchtern und zielstrebig und kommt ohne besondere Ausreißer in diese oder jene Richtung aus. Monte Hellman hätte ebenfalls einen passenden Regisseur für das Sujet abgegeben, aber vielleicht wäre es ihm auch etwas zu geradlinig dahergekommen. Müßige Spekulation, ohnehin. Das titelspendende Duell zwischen den beiden völlig gleichberechtigt gegenübergestellten Protagonisten, das von einem interessanten Epilog flankiert wird (welcher dem Zuschauer in parallelisierter Form zwei mögliche Folgesituationen offeriert), bildet diesbezüglich allerdings eine Ausnahme: Wenn Cross und Tenneray sich in der Arena gegenübertreten, dann ist plötzlich der zuvor evozierte „Brot-und-Spiele“-Charakter des groß angekündigten Events vollkommen hinfällig; es bleibt schlussendlich das, was es ist: ein unspektakulärer, aktionsbefreiter Wettlauf zweier resignierter Fossile, nach dessen superkurzem Finish eines im Staub liegt und das andere ein paar Tausender verdient hat. Betont schmucklos und seltsam unbeteiligt ergibt jener Gunfight, auf den zuvor alles innerhalb dieses trockenen, kurzen, aber dennoch wichtigen Films hingearbeitet hat, einen geradezu formidablen Anti-Höhepunkt.

8/10

THE RAWHIDE YEARS

„Miserable country, infested with decent citizens.“

The Rawhide Years (Vom Teufel verführt) ~ USA 1955
Directed By: Rudolph Maté

Nach einer eher unglücklich verlaufenen Karriere als Helfershelfer für einen moralfreien Poker-Ganoven (William Gargan) gerät der junge Ben Matthews (Tony Curtis) unter Mordverdacht. Er soll auf einem Missouri-Raddampfer den reichen Matt Comfort (Minor Watson) ermordet haben. Tatsächlich steht hinter der Tat jedoch eine Bande maskierter Flusspiraten, die rund um das Städtchen Galena operieren, wo zufällig Matts Geliebte Zoe Fontaine (Colleen Miller) als Saloon-Sängerin arbeitet. Hals über Kopf flieht der bald steckbrieflich gesuchte Matt in den Westen, wo er drei Jahre lang als Cowboy arbeitet. Als er keine Briefe mehr von Zoe erhält, kehrt er zurück nach Galena und lernt unterwegs den Haudegen Rick Harper (Arthur Kennedy) kennen, mit dem ihn bald eine wechselvolle Freundschaft verbindet. Zoe steht derweil unter der Fuchtel des zwielichtigen Barbesitzers Boucher (Peter van Eyck), der wiederum eine unheilige Verbindung zu Comforts Bruder Brand (William Demarest) pflegt…

Ein hübscher, knackiger Universal-Western, der seine Geschichte rund um die Freundschaft der beiden ungleichen Charaktere von Tony Curtis und Arthur Kennedy anlegt. Auch, wenn man es sich nicht recht vorstellen mag: Die beiden harmonieren hervorragend miteinander und es macht einigen Spaß, ihnen dabei zuzusehen, wie sie sich gegenseitig übers Ohr hauen und prügeln, nur um dem anderen schon in der nächsten Minute wieder das Leben zu retten. Natürlich geht am Ende alles gut für sie aus und man trennt sich in kerniger Harmonie; immerhin hat Ben Matthews ja am Ende sein Mädchen wieder. „Unser“ Export Peter van Eyck macht eine glänzende Figur als eleganter Fiesling, der, ganz dem Habitus und der Tradition De Sades verpflichtet, seine Gegner vorzugsweise mit einem Ledergurt traktiert. Maté inszeniert in einem seiner bevorzugten Genres wie zumeist von ihm gewohnt nicht eben leidenschaftlich, aber mit der ruhigen Professionalität des gesetzten Handwerkers. Dass er sich auf sein ihm zur Verfügung stehendes Personal zu verlassen vermochte, merkt man „The Rawhide Years“ durchweg an. Ein Stück gut abgehangener Qualitätsarbeit.

7/10