OUT OF ROSENHEIM

„Magic.“

Out Of Rosenheim ~ BRD 1987
Directed By: Percy Adlon

Die füllige Rosenheimerin Jasmin Münchgstettner (Marianne Sägebrecht) trennt sich von ihrem Gatten – mitten in der kalifornischen Wüste während eines gemeinsamen Trips nach Las Vegas. Nach einer kurzen Wanderung durch die sengende Hitze erreicht sie das abgerissene, kleine Highway-Motel „Bagdad Cafe“ inmitten des Nirgendwo. Bewirtschaftet wird dies von der resoluten, hier und da etwas fahrigen Brenda (CCH Punder) und verfügt neben Brendas kleiner Familie und dem indianischen Kellner Cahuenga (George Aguilar) über zwei skurrile Stammgäste – den Maler Rudi Cox (Jack Palance), der sich hier in einem putzigen Wohnwagen niedergelassen hat und die Tätowiererin Debby (Christine Kaufmann), die ihre Arbeit recht großzügig auslegt. Nachdem Brenda, die sich just von ihrem Gatten Sal (G. Smokey Campbell) getrennt hat, Jasmin anfänglich extrem reserviert begegnet, erobert die unkonventionelle Frau bald die Herzen sämtlicher Menschen rund um das Bagdad Cafe – allen voran das des von ihr faszinierten Rudi – im Sturm. Sie schafft es mit autodidaktisch erlernten Zaubertricks sogar, die kleine Klitsche zu einem florierenden Betrieb zu machen – bis eines Tages ihr Gastvisum ausläuft…

Fast hätte ich schon vergessen, dass „Out Of Rosenheim“ ja ein alter Lieblingsfilm von mir ist – bis mich die entlegene Motel-Szenerie des unmittelbar zuvor geschauten „Tender Mercies“ an diesen allzu lang vernachlässigten Schatz erinnerte. Ich kenne sonst nichts von Percy Adlon und bin mir auch nicht recht sicher, ob mir seine anderen Filme überhaupt gefielen. Dieser hier nahm jedoch schon vor rund zwanzig Jahren mein Herz im Sturm. Auch die immerhin zwei Staffeln lebige Sitcom „Bagdad Cafe“ mit der notorischen Whoopie Goldberg in der Rolle von CCH Pounder habe ich beständig ignoriert, aus Angst, mir das geliebte Filmerlebnis nachträglich madig zu machen oder zumindest zu verzerren.
Vordergründig als etwas provinzielle culture clash comedy angelegt, der man die süddeutsche Herkunft ihrer Ersinner durchaus anmerkt, offenbart sich unter der Oberfläche ein ebenso warmherziges wie witziges Kinokunstwerk, das seinem Publikum ein sehr hehres Anliegen, nämlich eines um zwischenmenschliche Verständigung unabhängig von ethnischen oder kulturellen Vorprägungen, absolut unaufdringlich, ja, fast beiläufig mitteilt. Die Menschen in „Out Of Rosenheim“ sind natürlich nicht von ungefähr in ihren Eigenschaften als vollendete Charakterköpfe gewählt worden; allen voran die verlässliche Marianne Sägebrecht, internationales Synonym für die prototypische Bayerin. Ihr (anfänglicher) Widerpart konterkariert sie nicht nur wesenhaft: Die kantige CCH Pounder transportiert eine matriarchalische Unbarmherzigkeit, der man sich kaum zu widersetzen mag. Hervorgerufen wird diese allerdings primär durch eine lange Biografiehistorie persönlicher Frustrationsanhäufung, was sie unwissentlich wiederum mit der ansonsten so divergenten Jasmin verbindet. Ganz wunderbar ist Hollywood-Veteran Jack Palance, der ja im Alter nochmal einen weiteren Frühling als Charakterdarsteller erlebte und hier völlig mühelos sein figurales Image als bärbeißiger Bösewicht aus allen Angeln hebt. Zwischendurch schlägt ein Rucksack-Aussteiger (Alan S. Craig) buchstäblich seine Zelt auf dem Areal auf und lässt pausenlos seine seltsam geformten Bumerangs kreisen. Vielleicht ist er der erste „vernünftige“ Typ, in den sich Brendas Backfischtochter Phyllis (Monica Calhoun) verkuckt. Der durch nichts aus der Ruhe zu bringende, dauerchillende Indianer Cahuenga repräsentiert derweil die slackende Siestastimmung der flirrenden Wüste. Christine Kaufmann spielt eine kleine, aber feine Rolle als quietschlebendige (nahezu dialogfreie) Mixtur aus Tätowiererin und Domina, der es zu verdanken ist, dass zu Beginn der Geschichte zumindest ein paar wenige Trucker mit entsprechenden Neigungen noch das darbende Bagdad Cafe frequentieren. Am Ende, als alles gut geworden ist, schließt sie unter allseitigem Unwillen ihren kleinen Laden. Nach dem Grund für ihren Abgang gefragt, antwortet sie kurz und knapp „Too much harmony.“ Die Chuzpe besitzt Adlon dann auch noch, zu konstatieren, dass die Einkehr zur Heimeligkeit nicht jedermanns (oder -fraus) Sache sein muss. Brendas Bagdad Cafe derweil ist zu diesem Zeitpunkt längst zu einem magischen Ort geworden.

10*/10

2 Gedanken zu “OUT OF ROSENHEIM

  1. Der Review hat in mir auf jeden Fall die lust erhöht den Film wieder zu sehen. Für mich fehlt alleine die Erwähnung des Soundtracks, denn „Calling you“ ist für mich einer der schönsten Filmsongs aller Zeiten.

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    1. Herzlichen Dank, auch für die von mir versäumte Nennung des Songs, der natürlich – da hast du völlig Recht – in jeder Hinsicht maßgeblich ist für den Film.

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