HITLER: THE RISE OF EVIL

„Traitors are defined not by themselves, but by the people they betray.“

Hitler: The Rise Of Evil (Hitler: Der Aufstieg des Bösen) ~ CA/USA 2003
Directed By: Christian Duguay

Über den Tod der Eltern, sein Versagen als Kunststudent, das zwischenzeitliche Obdachlosendasein und den Einsatz als Gefreiter im Ersten Weltkrieg bis hin zur Mitgliedschaft in der DAP erlebt der Österreicher Adolf Hitler (Robert Carlyle) bewegte junge Jahre. Sein unbändiger Narzissmus und sein pathologischer Hass auf Kommunisten und vor allem Juden sind der selbst im Wandel begriffenen Gesellschaft der Weimarer Republik jedoch keine Warnung; vielmehr findet Hitler etliche Förderer und Unterstützer, die seinen von Hindernissen gesäumten, jedoch nicht aufzuhaltenden Weg zum Diktator erst ermöglichen.

Als vordringlich privat ausgerichtetes, analytisches Biopic über jenen tiefgewachsenen, nicht besonders intelligenten, dafür aber umso großmäuligeren Braunauer, ist Duguays TV-Zweiteiler mittelprächtig gelungen. Er schildert den Aufstieg Hitlers in Form eines kompakten Abrisses, nimmt sich ein paar interpretatorische Freiheiten heraus, beweist Kenntnis etwa der Fest-Biographie, versagt aber in einem ganz wesentlichen Punkt: Hitler als genau jenen charismatischen Demagogen und Rattenfänger zu zeigen, dem es möglich war, die Massen zu erreichen, trotz seiner stets unverhohlen formulierten Ziele zum Sprecher des Volkes zu avancieren und jenen unsäglichen Führerkult um seine erbärmliche Person zu etablieren. Stattdessen begnügt sich der Film damit, den Menschen Hitler zu einer Art koboldhaftem Dämon zu stilisieren und tappt damit selbst in die nur allzu verführerische Falle tendenziöser Kolportage. Schon ab frühester Kindheit wird der kleine Adolf als böses, ödipal gesteuertes Wechselbalg porträtiert, das dem Vater die Bienenstöcke anzündet und die Mutter ganz für sich allein haben will. Beinahe bilderbuchhaft setzt sich die Psychopathologie fort: Robert Carlyle kommt aus der Darstellung diverser Persönlichkeitsstörungen gar nicht mehr heraus. Besonders befassen die Autoren Hitlers überlebensgroßer Narzissmus sowie seine extrem besitzergreifende Misogynie, die sämtliche Frauen zu spüren bekommen, mit denen er es zu tun hat.
Doch fehlt es ihm ebensowenig an Antagonisten. Der Journalist Gerlich (Matthew Modine) erkennt früh die Zeichen und macht publizistische Stimmung gegen Hitler, was er später als eines der ersten politischen Opfer von Dachau zu bezahlen haben wird. Der Verleger Hanfstaengl (Liev Schreiber) hegt nach anfänglicher Faszination bald eine tiefe Abneigung gegen Hitler, die er sich jedoch nicht zu äußern getraut, zumal Hanfstaengls Frau Helene (Julianne Margulies) eine merkwürdige Beziehung mit dem baldigen Führer verbindet. Etwas unübersichtlich, wohl nicht zuletzt dem hoffnungslosen systemischen Chaos innerhalb der unausgegorenen Republik geschuldet, nehmen sich Hitlers politische Allianzen und Brüche aus, vor allem deren personelle Darstellungen. Drexler (Robert Glenister), von Kahr (Terence Harvey), Röhm (Peter Stormare), Ludendorff (Friedrich von Thun), Strasser (Wolfgang Müller), von Schleicher (Christopher Ettridge),  von Papen (Robert Russell), Hindenburg (Peter O’Toole) – Namen wie Schall und Rauch und doch allesamt eminente Pflastersteine für Hitlers turbulenten Aufstieg zum Weltenfresser und beispiellosen Massenmörder.
Die zunehmend grauenhaften Ereignisse der Jahre nach 33 handelt der Film, gemäß seinem Titel, wie man einräumen muss, mit ein paar Bildern und Schrifttafeln ab. Vielleicht hätte eine geflissentlich andere Gewichtung der Ereignisse oder wahlweise eine längere Laufzeit „Hitler: Rise Of Evil“ wohlgetan oder ihn zumindest didaktisch wirkungsvoller gestaltet.
Da die Menschen knappe einhundert Jahre später nicht minder anfällig sind für hasserfüllte, rechte Agitation und sich just wieder allzu bereitwillig von Populisten und Demagogen diktieren lassen, was sie zu glauben und zu denken haben, kann es von derlei Dramaturgisiertem im Grunde trotz aller äußeren Kritik nie genug geben. Möge es insofern seinen bedürftigsten Adressaten begegnen.

6/10

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