L’AVEU

Zitat entfällt.

L’Aveu (Das Geständnis) ~ F/I 1970
Directed By: Constantin Costa-Gavras

Artur Ludvik (Yves Montand), wegen seiner Jahre in Frankreich Gérard gerufen, ist Kommunist mit Leib und Seele und glaubt als solcher auch eisern an den tschechoslowakischen Staat, dessen Regierung er als Vize-Außenminister treu ergeben ist. Als er eines Tages bemerkt, dass man ihn beschattet, ist dies lediglich der Beginn eines langwierigen Albtraums. Kurz darauf wird Gérard verhaftet, ins Gefängnis gesteckt, physisch und psychisch gefoltert und langwierigen Verhören unterzogen, die von ihm ein zunächst diffuses „Geständnis“ einfordern: Gérard ist Bestandteil einer Welle stalinistischer Säuberungen, die Trotzkisten und Titoisten einzingeln sollen, um die Tschechei auf systemischem Kurs zu halten. Jahre später wird er ein Buch über seine Erlebnisse veröffentlichen, just zur Zeit des Prager Frühlings.

Die buchstäblich kafkaeske Aufbereitung der Erlebnisse des authentischen Artur London, der auf das Schmerzlichste lernen musste, dass politischer Idealismus und seine reale Umsetzung stets an den Machthabern scheitern, war der erste Film Costa-Gavras‘ nach seinem monumentalen „Z“ und zugleich der Mittelteil seiner Trilogie über die Bedrohlichkeit totalitaristischer Staatsräson. Jeder der drei Filme, jeweils mit Yves Montand in der Hauptrolle besetzt, orientierte sich an zeitnahen Beispielen für die unmenschlich werdende Durchsetzung unterschiedlicher Machtinteressen. Hier ging es um die Konservierung des Ostblocks als Symbol für den kommunistischen Schulterschluss, der stets dann zu greifen begann, wenn sich in einem der dazugehörigen Staaten der Verdacht auf widerständlerische Ideenkeimung regte. Der dazugehörige Slánský-Prozess, ein öffentlichkeitswirksames Schaulaufen der systemischen Repression, forderte elf Todesopfer. Artur London selbst entkam der Todesstrafe nur knapp und musste nach seiner Freilassung noch sieben Jahre auf seine juristische Rehabilitation warten.
Costa-Gavras inszenierte Londons schicksalhafte Monate als Albtraumszenario übermächtiger Staatsräson, für dessen realitätsverpflichtete Darstellung Hauptdarsteller Montand sich auf Haut und Knochen herunterhungerte. Durch die geschickte Einflechtung von Zeitsprüngen und Ellipsen wird der Zuschauer zwar bald versichert, dass Gérard dem Horror irgendwann entkommen wird; die permanent spürbare Qual seiner unschuldigen Gefangenschaft lindert diese Gewissheit jedoch nur unwesentlich. Absolute Brillanz erreicht „L’Aveu“ in der Darstellung der stalinistischen Methoden, den auserkorenen Opfern Schuldgeständnisse abzuringen: Die angewandten Mittel sind ebenso luzid wie perfid, jedoch wundersam zielführend und ergeben damit eine der eindringlichsten Spielfilm-Darstellungen zum Thema. In Zeiten, die offenbar erst aufs Neue nach den längst offenkundigen Beweisen für die Abgründigkeit volksunterstützter Diktaturen verlangen, um belehrt zu werden, zählt „L’Aveu“ beinahe schon wieder zum erzieherischen Pflichtprogramm. Schlimm, dass man solche Termini überhaupt gebrauchen muss.

10/10

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