ANIMAL FACTORY

„Better to reign in hell than to serve in heaven.“

Animal Factory ~ USA 2000
Directed By: Steve Buscemi

Wegen Marihuana-Handels kommt der Mittelschichts-Twen Ron Decker (Edward Furlong) nach San Quentin. Dort „regiert“ der Langzeit-Inhaftierte Earl Copen (Willem Dafoe), der es im Laufe der Jahre durch eine besondere Melange aus Härte, Stolz, Geduld, Intelligenz und Organisationsgeschick gemeistert hat, sich sowohl unter seinen Mithäftlingen als auch unter der Aufseherschaft einen unantastbaren Status zu erarbeiten. Weder rassistisch noch sexuell motivierte Ausfälle trüben seinen scharfen Blick. Da ihm Ron aus persönlichen Gründen sympathisch ist, nimmt Earl ihn bald unter seine Fittiche und wird im Laufe der Zeit zu einer Art Mentor und Ersatzvater, der dem Schützling selbst unter persönlichen Opfern das Leben im Knast so angenehm wie möglich gestaltet und sich sogar der Wiedereröffnung seines Falles annimmt.

Basierend auf einem autobiographisch gefärbten Roman von Edward „Eddie“ Bunker, der die Adaption auch gleich mitverfasste, coproduzierte und in einer kleinen Nebenrolle zu sehen ist, geriet Steve Buscemis zweite Regiearbeit nach dem melancholischen Trinkerporträt „Trees Lounge“ zu einem vergleichsweise ungewöhnlichen Gefängnisdrama. „Animal Factory“ gibt sich mit ausnahme einiger weniger, realitätsevidenter Faktoren erst gar keine Mühe, etablierte Genreschemata aufzugreifen oder zu bedienen, sondern gewährt stattdessen seinem Publikum seine diesbezüglich ohnehin vorhandene Seherfahrung und -kompetenz. So ist der Film auch weniger eine sich kritisch gebende Observierung des geschlossenen amerikanischen Strafvollzugs, sondern beschreibt auf oftmals fast schon kontemplativem Wege die Unabdingbarkeit, sich inmitten omnipräsenter und allseitiger Bedrohung Individualität und Menschlichkeit zu bewahren. Exploitative Elemente sind Buscemis Sache nicht und so gibt es nur sehr wenige an Grenzen kratzende Szenen, die dann auch stets eine eindeutige narrative Berechtigung innehaben. Ohnehin gibt sich Buscemi hier wiederum vornehmlich als Scriptregisseur, der in erster Linie eine straighte Geschichte erzählen möchte und sich kaum um eine auffällige inszenatorische Signatur schert. Das wird ihm in dieser Funktion vermutlich nie einen großen Wiedererkennungswert bescheren oder gar besondere Auszeichnungen eintragen, macht gerade „Animal Factory“, den John Luries passender, gemächlich-sonorer Score kongenial untermalt, als Gattungsbeitrag jedoch umso spezieller. Erwähnenswert wäre noch das großartige Ensemble, das Buscemi zusammentrommeln konnte und sich, mit Ausnahme von Tom Arnold, durch teils verschrobene (Mickey Rourke), aber durchweg liebenswerte Charakterzeichnungen hervortut. Sogar Rotzlöffel Furlong lässt sich, eine Seltenheit, als sukzessiv dezentralisierter Protagonist wirklich gut ertragen.
Ein schöner, betont unspektakulärer Film.

8/10

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