LA HIJA

Zitat entfällt.

La Hija (Die geheime Tochter) ~ E 2021
Directed By: Manuel Martín Cuenca

Javier (Javier Gutiérrez) und Adela (Patricia López Arnaiz), ein kinderloses Paar, lebt fernab der Stadt in den andalusischen Bergen. Während Adela meist zu Haus bleibt, arbeitet Javier als Betreuer in einem Heim für straffällig gewordene Jugendliche. Dabei hat er auch die junge Irene (Irene Virgüez) kennengelernt, schwanger von dem im Gefängnis einsitzenden Kleinkriminellen Osman (Sofian El Ben). Javier und Adela bieten sich als heimliche Adoptiveltern für Irenes Baby an und fassen dafür einen höchst ominösen Plan: Irene soll sich bis zur Niederkunft in ihrem Haus versteckt halten, das Kind danach aufgeben und sich selbst absetzen, entgolten durch eine „angemessene“ finanzielle Entschädigung. Offiziell würde sie für den entsprechenden Zeitraum als spurlos verschwundene Ausreißerin gelten. Zunächst scheint alles in Javiers und Adelas Sinne zu funktionieren, doch als Osman einige Monate später entlassen wird, nach Irene sucht und Javier den beiden ein Treffen ermöglicht, wendet sich das Blatt: Die werdenden Eltern entschließen sich, ihr Baby zu behalten. Für Adela und Javier jedoch gibt es eine solche Option schön längst nicht mehr…

Schwangere Mütter und die aus multiplen Wahnideen geborene Gier nach der in ihren Körpern heranwachsenden Leibesfrucht beflügeln in schöner Regelmäßigkeit die Phantasie emsiger Genrefilmer. Während daraus in der Vergangenheit oftmals sehr intensive Beiträge entstanden, schickt sich der Spanier Manuel Martín Cuenca an, sein Sujet zumindest bis zu einem gewissen Punkt in vergleichsweise unspektakulärer, im Wortsinne dramatischer Weise zuzuspitzen. Ihn interessieren eher die brisante Dreierkonstellation des in der Hermetik der schroffen Gebirgswelt abgeschieden beherbergten Trios und die aus dieser Situation resultierenden, antizipierbaren Konflikte. Javier und Adela fühlen sich als unfruchtbares, bourgeoises Paar vom Schicksal betrogen und wähnen in Irenes Schwangerschaft einen letzten sich bietenden Ausweg. Die junge Frau betrachten sie, zunächst ingeheim und später zunehmend akut, als reines Mittel zum Zweck, als de facto asozialen outcast, der gewissermaßen naturgesetzmäßig nie im Stande wäre, dem Kind eine auch nur halbwegs adäquate Erziehung angedeihen zu lassen. Vor allem Adela, frustriert und offenbar depressiv infolge ihrer von ihr selbst als versagend wahrgenommenen Rolle, lässt ihren Neid auf Irene immer wieder durchschimmern, derweil in Javier zumindest noch Reste seines einstigen Idealismus als Sozialarbeiter aufblitzen. So weit könnte die Geschichte auch als moralethisch aufgeladener Dardenne-Topos durchgehen, bis Cuenca sich im letzten Erzähldrittel dann doch ganz den Genreformeln ergibt und einen amtlichen, durchaus spannenden Thriller-Showdown vorlegt. Damit straft er zwar eine ganze Menge zuvor entwickelter, diskursiver Ansätze Lügen, wirft im Gegenzug mit Ingredienzien wie einem Stahlnagel, einer Schrotflinte und ausgehungerten Schäferhunden allerdings eine ungeahnte Menge an Fahrt in die Waagschale. Eine dergestaltige dramaturgische Entscheidung wird verständlicherweise nicht jedermann und -frau zusagen, mir indes gefiel’s, zumal in der Kontrastierung der zuvor so gemächlich etablierten Narration.

7/10

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