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The Hands Of Orlac (Die unheimlichen Hände des Dr. Orlak) ~ UK/F 1960
Directed By: Edmond T. Gréville
Just auf dem Wege zu seiner Hochzeit in Paris crasht das privat gecharterte Flugzeug des gefeierten Konzertpianisten Steven Orlac (Mel Ferrer) im dichten Nebel. Ausgerechnet die filigranen Hände des Musikgenies werden dabei schwer beschädigt. Nur durch das eifrige Insistieren seiner Verlobten Louise (Lucile Saint-Simon) wird eine eilends anberaumte Notoperation möglich, die der Chirurg Professor Volchett (Donald Wolfit) durchführt: Er transplantiert Orlac die Haut der Hände des unmittelbar zuvor hingerichteten Frauenmörders Vasseur. Nachdem Orlac aus dem Krankenhaus entlassen ist, begeht er mit seiner Braut die Flitterwochen an der Côte d’Azur. Doch der brillante Pianist ist nicht mehr derselbe: Seine „neuen“ Hände scheinen ein unheimliches Eigenleben zu führen und ihren Besitzer zu sinistren Taten anzustiften, anstatt wie vor dem Unfall die Muße erklingen zu lassen. Bevor es zu einem größeren Unglück kommen kann (die Hauskatze wurde bereits mit gebrochenem Genick aufgefunden), flieht Orlac nach Marseille und stürzt sich incognito in das verruchte Nachtleben des hiesigen Hafenviertels. Dort werden der abgehalfterte Varieté-Zauberer Nero (Christopher Lee) und seine ihm hörige Gehilfin Li Lang (Dany Carrel) auf den Verzweifelten aufmerksam und wollen seinen instabilen Zustand ausnutzen.
Die dritte Adaption von Maurice Renards berühmtem Schauerroman entstand als englisch-französische Koproduktion in Konkurrenz zu den just im Erstarken begriffenen Horrorfilmen von Studios wie Hammer oder Anglo-Amalgamated, die häufig psychologischen Grusel mit campigem Grand Guignol zu vermengen pflegten. Dazu passte auch Renards Stoff, der streng genommen keinerlei übernatürlichen Duktus besitzt: Orlacs allmählich aufkeimender Wahn ist lediglich seiner psychischen Labilität sowie neurotischen Imagination geschuldet und wird von dem eigentlichen Unhold Nero noch zusätzlich forciert. Im Gegensatz zu Robert Wienes expressionistischer Version von 1924 und Karl Freunds MGM-Horrordrama „Mad Love“ (das ohnehin eine ganz andere inhaltliche Entwicklung vornimmt) geriert sich der Plot als zusehends konfus: Wie der finstere Nero an Orlacs Vermögen kommen will, bleibt weithin nebulös; auch sein Plan, den irrlichternden Musikus zum Mord an seiner Frau Louise anzustiften, misslingt. Orlac kann noch rechtzeitig in Erfahrung bringen, dass sein Organspender Vasseur gar kein Mörder war und unschuldig exekutiert wurde, womit er selbst zugleich von allem potenziellen Wahnsinn sowie jedweder Schuld entlastet wird. Immerhin bekommt Nero noch sein gerechtes Fett weg – nicht ohne zuvor öffentlichkeitswirksam auf der Bühne seine abtrünnige Partnerin ermordet zu haben, was ihn endgültig zum veritablen Bösewicht stempelt.
Die Konstellation Ferrer/Lee ist noch das Sensationellste an Grévilles über weite Strecken etwas ziellos vor sich her mäanderndem Film: die zwei Darsteller befinden sich auf dem jeweiligen Zenit ihrer Kunst und besonders Lee kann abseits seiner diversen Monster- und Mörderrollen unter dicker Maske zeigen, was wirklich in ihm steckt. Nicht zu vergessen Donald Pleasence in einer Minirolle als leicht entglittener Künstler, der Orlacs Hände modellieren will. Gewiss ist fürderhin auch der charmante Spekulationsfaktor nicht zu unterschätzen, der besonders in den Marseille-Szenen mit ihren schummrigen Matrosenspelunken zum Tragen kommt, in denen Ferrer seine dräuende Verkommenheit mittels Dreitagebart, speckigem Jacket und angetrunkenem Schlafzimmerblick simuliert. Natürlich rettet die Liebe am Ende alles, nur die arme Katze, die bleibt tot. Aber das könnten auch die Zigeuner gewesen sein.
6/10