DAS EWIGE LEBEN

„Schauen’s, woas ich Ihnen mit’bracht hoab: Katzenzungen.“

Das ewige Leben ~ AT 2015
Directed By: Wolfgang Murnberger

Dem Ex-Polizisten, Unfallsdetektiv und Lebenskünstler Simon Brenner (Josef Hader) geht es alles andere als rosig – er muss aufs Amt und Stütze anmelden. Da fällt ihm ein, dass er ja noch Hausbesitzer ist: In Puntigam, Graz steht noch das Heim seines Großvaters. Vor Ort angekommen findet Brenner nicht nur ein ziemlich heruntergekommenes Obdach ohne Strom und mit Löchern im Dach vor, sondern auch alte Bekannte mit gemeinsamer Vergangenheit. Da ist der vermeintlich klamme Trödelhändler Köck (Roland Düringer), der mittlerweile zum Polizeichef aufgestiegene Aschenbrenner (Tobias Moretti) und die Gastwirtin Maritschi (Margarete Tiesel), mit der der Brenner selbst, Aschenbrenner und auch der schon damals bei einem Unfall verstorbene Saarinnen (Daniel Langbein), der Vierte aus dem einstigen Bunde, mal „was hatten“. Nach einem Besuch von Aschenbrenner erwacht der unter barbarischen Migräne-Attacken leidende Brenner im Spital – eine Walther-Kugel hat ihm den Frontallappen perforiert. Kurz darauf findet er den Köck in seinem Laden tot. Jetzt ist schon wieder was passiert…

Buch 6, Film 4: Der Brenner ist mittlerweile so down, man könnte ihn schon fast als ‚down under‘ bezeichnen. Mitsamt den ausgewaschenen Bartstoppeln sieht er zudem auch noch aus wie ein Sandler, oder zumindest das, was einem solchen am nächsten kommt. Schlimmer wird es dann nach einer unfreiwilligen Selbstattacke, bei der zwar der Zuschauer Zeuge wird, die der Brenner jedoch – zu seinem seltsam koinzidenzialen Glück – selbst gar nicht mitbekommt und falsch interpretiert. Billiges Dosenbier verzehrend, die Augen blunterlaufen, Blutrinnsale aus Nase und Mund. Gut, dass der Mann wie gewohnt auch in harschesten Situationen nie seinen Galgenhumor einbüßt und jedem Widersacher, und möge dieser noch so im Vorteil sein, immer noch eine nette Frechheit entgegenzumurmeln weiß. Brenner-Film # 4 bietet, selbstverfreilich unter Aufbietung der gewohnten Qualitätsattribute in Regie, Adaption und Hauptrolle, gewohnte Spitzenqualität. Zwar bleibt der unmittelbare Vorgänger „Der Knochenmann“ unangefochtenes Kronjuwel des bisherigen Kinozyklus um den Ermittler par situation, das lag jedoch an dessen Brillanz hinsichtlich Milieuzeichnung und Genregrenzauflösung sowie dem phantastischen Josef Bierbichler. Wobei Tobias Moretti als dem Bösen verfallener Briagadier, der alle moralischen Schranken behende hinter sich gelassen hat, ihm sogar beträchtlich nahekommt.
Dennoch, in „Das ewige Leben“ bewegen wir uns wieder etwas mehr Richtung kriminalistischer Erdung, wenngleich Abgründe wie Inzest, Verrat sowie alternsbedingte Boshaftigkeit ihre langen Schatten auf das Geschehen werfen. Dadurch, dass wir bereits vorab geifernden Zuschauer die wahren Hintergründe und Besorgnisse Brenners, die sich aus den längst verdrängt geglaubten Zusammenhängen der Vergangenheit ergeben (kongenialer Soundtrack zu Brenners splittrigen Revisionen: „When I Was Young“ von den Animals), nur bruchstückhaft kennen und zu interpretieren lernen, ergibt sich ein sich schrittweise aufbauender Spannungsbogen, der die bislang privateste Involvierung des verlotterten Kriminalers im Film aufbietet. Echtes Obers is des amal wieder.
Nach der bisherigen Relation müssten jetzt nebenbei sieben Jahre bis zum nächsten Brenner-Film vergehen. Da mir dies entschieden zu lang dauert, lege ich dagegen hiermit vorsorglichen Protest ein!

9/10

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