DIE KÜKEN KOMMEN

„Null gleich null!“

Die Küken kommen ~ BRD 1985
Directed By: Eckhart Schmidt

Der Wehrdienst ist passé, ab heute kann die Bundeswehr sie mal: Sechs Freunde, der ewig renitente Anarcho Kid (Max Tidof), der ruhige, noch im Jungfrauenstatus befindliche Thomas (Frank Meyer-Brockmann), der vor keiner flotten Biene sichere Casanova Baby (Mark Altner), der vom Militär hirnverätzte Bulle Bund (Andreas Jung), der Opernfan Tristan (Joachim Bernhard) und der verfressene Brummi (Hans Schödel) sind raus aus der Uniformitätsmühle und wollen an ihrem ersten Tag in Freiheit München unsicher machen. Dummeweise hat Bulle sämtliche Freundinnen der Herren von den gemeinsamen Plänen in Kenntnis gesetzt, so dass es ersteinmal gilt, die treudoofen Damen abzuhängen. Am Bahnhof verliebt sich Thomas sogleich in die niedliche Florence (Christine Röthig), die just heute ihren ersten Tag als Mietdame im Puff „1001 Nacht“ begehen soll. Viel Stress für unser Sextett, zumal plötzlich ihr Herr Major (Ludwig Haas) im Bordell aufkreuzt…

Dass Anouschka Renzi, als Max Tidofs Freundin zu sehen, als 20-jährige noch erfrischend human und ein nettes Mädchen war, ohne jedwede Botoxbehandlungen und monströse Kunstzüge, hat mich an „Die Küken kommen“ sicherlich am prägnantesten überrascht. Ansonsten führt Eckhart Schmidts Versuch, eine mit den klamaukigen Disco- und Sexkomödien der produzierenden Lisa-Film aus den Spätsiebzigern und Frühachtzigern kompatible Kommisskomödie zu kredenzen, zunächst geradewegs ins irrgewaltige Nirwana der Ratlosigkeit. Tatsächlich ist „Die Küken kommen“ nicht nur zu keiner Sekunde auch nur annähernd witzig oder auch bloß geringfügig komisch, es nimmt sich stattdessen sogar nachgerade anstrengend aus, ihn von Anfang bis Ende und somit komplett durchzuhalten. Schmidts Plan, so es denn überhaupt jemals einen gegeben hat, lässt sich nicht im Ansatz nachvollziehen. Der Soundtrack liefert eine repräsentative Zusammenstellung von ganzen 16 zeitgenössischen Popsongs, darunter diverse ernsthafte Verbrechen an Kunst und Geschmack. Angeschimmelte Reste von Euro- und Italopop finden sich da neben ersten Gehversuchen von Stock/Aitken/Waterman und der artifiziellen Blaupausen-Kirmesmusik von Dieter Bohlen, „Cheri, Cheri Lady“ inbegriffen; schließlich das fürchterliche, notorische „Shanghai“ von Lee Marrow, das mantragleich immer wieder eingespielt wird. Genau ein angenehmes Stück ist dabei, nämlich Phil Carmens „On My Way In L.A.“. Irgendwo lässt Schmidt zwischen all dieser kognitiven und akustischen Konfusion die sympathische, wenngleich etwas einfältige Botschaft hervorschimmern, dass die Autoritäten von Armee, Bund und Bullerei grundsätzlich scheiße und was für graue Gemütszombies sind, die das selbstständige Denken von Haus aus lieber anderen überlassen. Ein wenig Coming-of-Age-Thematik lässt sich erahnen, immerhin verliert der bislang ehern gebliebene Thomas nach hartem Kampf um seine Angebetete endlich seine Jungfräulichkeit, ansonsten fragt man sich jedoch nahezu permanent, welch defekter mentaler Backautomat einen Film wie diesen hervorbringen mag. Und doch, er hat was. Genau nämlich diese Kratzbürstigkeit, die untalentiert wirkenden Darsteller und vielleicht sogar eine (allerdings bestenfalls erahnbare, vielleicht einem interpretatorischen Wunschkonstrukt entspringende) Anklage an die Bildungsferne und Oberflächlichkeit einer Generation, deren Horizont bei der Buchstabierung des Wortes „Disco“ endet. Tatsächlich verschließt auteur Schmidt, der hier unter dem schönen Pseudonym „Raoul Sternberg“ firmierte, sich fast zur Gänze den üblichen, schlüpfrigen Lisa-Mechanismen, wie man sie von deren Masterminds Karl Spiehs und Otto W. Retzer gewohnt ist und kredenzt stattdessen so etwas wie eine vorsätzlich als solche arrangierte Antikomödie, nebst bombig passendem Kinoplakat von TKKG-Covergestalter Reiner Stolte.
Sibylle Rauch und Isa Haller sind noch zu sehen als Profesionelle. Auch das repräsentiert gewissermaßen recht hübsch den sich just vollziehenden, dräuenden Lisa-Niedergang, den dann erst „Ein Schloss am Wörthersee“ wieder auffing.

5/10

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