SOMETHING WILD

„Charlie, attempt to be cool.“

Something Wild (Gefährliche Freundin) ~ USA 1986
Directed By: Jonathan Demme

Das kommende Wochenende wird für den biederen, geschiedenen Firmenangestellten Charlie Driggs (Jeff Daniels) zu einer Achterbahnfahrt, die sich gewaschen hat. Es beginnt damit, dass eine quirlige Dame namens „Lulu“ (Melanie Griffith) in sein geordnetes Leben okkupiert. Lulu macht, was sie will. Sie klaut, betrügt und prellt Zechen, vor allem aber zeigt sie Charlie, wo im Bett der Hammer hängt. Der arme, überrumpelte, gleichsam aber nicht minder überwältigte Mann findet sich unvermittels auf einer Fahrt nach Pennsylvania wieder, wo Lulu, die in Wahrheit Audrey Hankel heißt, Charlie nicht nur ihrer Mutter (Dana Preu) als ihren neuen Ehemann vorstellt, sondern ihn gleich noch mit zum Jahrestreffen der Highschool-Abgänger schleift. Trotz einigen, berechtigten Protests hat sich Charlie längst in Audrey verliebt, als ihr Noch-Ehemann, der just aus dem Knast entlassene Ray Sinclair (Ray Liotta) auftaucht. Dieser erweist sich nach anfänglich freundlicher Bergrüßung als veritabler Soziopath, der keinerlei Interesse daran hat, Audrey aufzugeben. Doch Charlie ist seinerseits ebenfalls nicht gewillt, mit eingekniffenem Schwanz das Feld zu räumen…

Nachdem ich von vertrauenswürdigen Zeitgenossen und Freunden in sozialen Netzwerken und andernorts einige überschwängliche Lobeshymnen zu Jonathan Demmes Film mitverfolgt hatte, fand ich es an der Zeit, die offenbar doch allzu tiefe Scharte der ihn bezüglichen Unkenntnis endlich auszuwetzen. Nun, wie das häufig so ist, sind oftmals großzügig verteilte „Vorschusslorbeeren“, zumal in solch pompösem Umfang, nicht die beste Voraussetzung, um eine zumindest halbwegs neutrale Perspektive auf ein unbekanntes Werk zu wahren. Bezüglich „Something Wild“ fand ich diese alte Weise neuerlich bestätigt. Zunächst einmal fiel mir wieder ein, warum ich wohl vornehmlich so lange auf den Film verzichtet hatte – ich befürchtete, in ihm nicht wesentlich mehr denn eine unterlegene Variation des von Scorseses „After Hours“ und John Landis‘ „Into The Night“ im Grunde erschöpfend durchgespielten Motivs des überrumpelten Motivs des sich unversehens im von einer attraktiven Frau herbeigeführten, heillosen Existenzchaos wiederfindenden, einsamen Großstädters wiederzufinden. Filmhistorisch etwas weiter zurückgedacht ist jener Topos ohnehin ein klassischer Screwball-Stoff, den Howard Hawks mit „Bringing Up Baby“ bereits einige Jahrzehnte zuvor aus der Taufe gehoben hatte. Blake Edwards‘ „Blind Date“, den ich einmal vor ewigen Zeiten gesehen hatte, deklinierte das Thema seinerseits dann wiederum in den Achtzigern nochmals durch. „Something Wild“ bietet also zumindest im Hinblick auf seine Geschichte relativ sattsam Bekanntes. Natürlich erweist er sich als dennoch hinreichend eigenständig, um einen interessanten, witzigen, intelligenten und dementsprechend guten Film abzugeben, wenn auch in meiner Wahrnehmung nicht als das große, bislang unentdeckte Meisterwerk, das dekadenlang von mir stoisch ignoriert im Schatzkästchen schlummerte.
Es ist weniger das, was Demme hier anpackt, denn vielmehr die Art, wie er dies tut: „Something Wild“ reüssiert vor allem hinsichtlich des Einsatzes seiner vielen, für das Aug‘ und Ohr eines eher unbedarften Massenpublikums vielleicht nicht eben registrierbaren Details und popkulturellen Reverenzen. Da sind die diversen Cameos der den Regisseur seit Corman-Zeiten begleitenden Mitstreiter wie Tracey Walter, Kenneth Utt oder Charles Napier, die in jeweils höchst komisch angelegten Miniparts aufkreuzen; da ist die fantastische Songkompilierung auf der Tonspur, die einen umfangreichen Fundus großartiger, zeitgenössischer Popmusik präserviert, da ist auch die grandiose New-Jersey-Combo „The Feelies“, die auf der Ehemaligen-Fete aufspielt als „The Willies“ und unter anderem ein punkiges Monkees-Cover zum Besten gibt. Diese Dinge waren es, die mich überrascht haben und weniger der sich von einer RomCom hin zum Thriller vorarbeitende Plot, der auf sein happy end natürlich trotzdem nicht verzichten mag.

8/10

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