PINKY

„Cream gotta be cream first before it rise.“

Pinky ~ USA 1949
Directed By: Elia Kazan

Nach einigen Jahren der graduierten Ausbildung als Krankenschwester in Neuengland kehrt Patricia Johnson (Jeanne Crain), genannt „Pinky“, in den Schoß ihrer alten Heimat, den tiefen Süden, zurück. Aus ihrer eigentlichen Herkunft hat Pinky stets und bewusst ein Geheimnis gemacht – trotz ihres völlig kaukasischen Äußeren stammt sie von Farbigen ab, die hier seit Generationen ansässig sind. Aufgezogen wurde Pinky als Waisenkind von ihrer Großmutter Dicey (Ethel Walters), die ihr Leben lang als Waschfrau und Hausgehilfin für die herrschaftlich lebende, pensionierte Lehrerin Miss Em (Ethel Barrymore) gearbeitet und die alten Rassismus- und Feudalstrukturen, ebenso wie die meisten anderen hier lebenden Menschen, noch gänzlich verinnerlicht hat. Als Miss Em bettlägerig wird, überredet Dicey ihre Enkelin, der sie einst die Ausbildung ermöglicht hat, sie als Krankenschwester zu pflegen. Trotz ihrer Ressentiments entscheidet Pinky sich, dem Wunsch ihrer Großmutter Folge zu leisten. Durch ihr selbstbewusstes Auftreten erarbeitet Pinky sich den Respekt von Miss Em und erbt nach deren Ableben schließlich deren Grundstück mitsamt dem alten Herrenhaus. Entgegen der Anfechtung einer raffgierigen Cousine (Evelyn Warden) wird das Testament für rechtsgültig erklärt. Pinky erkennt nach einigem Hader, wo ihre wahren Wurzeln liegen und eröffnet in Miss Ems Haus und in ihrem Namen ein Krankenhaus nebst Schwesternschule für farbige Frauen.

Es gibt unterschiedliche Versionen über die frühe Entwicklung dieses Films und darüber, warum Elia Kazan ihn letzten Endes inszenierte: Zu Einen ist zu lesen, dass nachdem Darryl F. Zanuck ursprünglich John Ford mit der Arbeit an der Romanadaption betraut hatte, sich der Mogul bereits nach einer Woche mit den ersten Drehergebnissen unzufrieden zeigte und daher Kazan für die Weiterarbeit daran hinzuzog. Andere Quellen besagen, dass Ford selbst den Film nicht mochte und eine Herpeserkrankung vorschob, um sich von ihm absentieren zu können; wieder anderswo ist, wohl die „offiziellste“ (und langweiligste) Version, lediglich von einem rein krankheitsbegründeten Ausstieg Fords die Rede.
Wie dem auch sei, dank des frühen Stadiums konnte Kazan die bereits fertiggestellten Szenen nochmal nachdrehen und „Pinky“ so ganz nach seinem Gusto fertigstellen. Natürlich lag das Sujet sehr auf Kazans Linie. Rassismus, soziokultureller Filz, soziale Ungerechtigkeit und Außenseitertum – das waren Themen, die den Filmemacher häufig beschätigten. Pinky Johnson ist dabei vielleicht die allergrößte Außenseiterin aus allen von Kazans Geschichten, ist ihr gesellschaftliches Exil doch kein selbstgewähltes, sondern ein mit ihrer Geburt angestammtes. Als „Schwarze“ im Körper einer „Weißen“, die aus dem Süden stammt und ihre Bildung im Norden erhalten hat, sitzt sie zwischen sämtlichen Stühlen: Daheim gilt sie unter vielen der farbigen Nachbarn als „privilegiert“ und bevorteilt, während die Weißen sie weiterhin als „Nigger“ kategorisieren; in Massachusetts hat sie wohlweislich erst gar nichts über ihre wahre Herkunft preisgegeben und dort, trotz der tiefen persönlichen Abneigung dagegen, eine Lüge zu leben, sogar eine unaufrichtige Liebesbeziehung zu dem weißen Arzt Adams (William Lundigan) aufgebaut. Zwar akzeptiert dieser freimütig Pinkys tatsächliche Abstammung, ist aber nicht bereit, sich für sie im Süden, in dieser nach wie vor von erzrassistischem Knies geprägten Umgebung, niederzulassen und für sie seine bequeme Nordstaatenexistenz zu opfern. Entgegen all dieser Widernisse erobert sich Pinky das nötige Selbstbewusstsein, ihren künftigen Lebensweg mutig und allein zu bestreiten.
Ein sehr aufrichtiges happy end für eine der stärksten Frauenfiguren jener Kinoära. Kazan selbst war zwar wohl nicht ganz zufrieden mit Jeanne Crain – ihr sei das nötige „Feuer“ abgegangen und der Charakter der Pinky habe so einen allzu lethargischen Anstrich erhalten. Da lag der Meister jedoch gepflegt daneben. Gerade in Jeanne Crains trauriger, aber von hintergründiger Stärke geprägtem Auftreten fußt Pinkys weit über das Filmende hinaus im Gedächtnis bleibende Kraft.

8/10

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