DIE HALBSTARKEN

„Das sind meine Söhne…“

Die Halbstarken ~ BRD 1956
Directed By: Georg Tressler

Freddy Borchert (Horst Buchholz) ist ein „Halbstarker“: Kaum volljährig, pöbelt, klaut, qualmt, säuft, revoltiert er: gegen sein bürgerliches Elternhaus nebst dem verklemmt-unzufriedenen Vater (Konrad Wagner) und gleich noch gegen die Spießbürgergesellschaft als Ganzes. Da er trotz seiner unbequemen Rolle im Sozialgefüge nicht auf Reichtum und Luxus verzichten mag, plant er einen größeren Coup: Er will mit seinen Kumpels, die er, bis auf seinen jüngeren Bruder Jan (Christian Doermer) als Leitwolf völlig im Griff hat, einen Posttransporter überfallen. Der Raub gelingt, doch es springt nichts dabei heraus. Da hat Freddys ruchlose Freundin Sissy (Karin Baal) die verhängnisvolle Idee, in das Haus des betuchten Gastronomen Garezzo (Stanislav Ledinek) einzubrechen…

Für „Die Halbstarken“ verfasste der spätere Regisseur Will Tremper das Drehbuch. Der Film, der, eine Finaleinstellung einer vorbeirollenden Motorrad-Clique zeigt es, knüpft an das amerikanische juvenile-delinquent-cinema der vorhergehenden Jahre an. Eindeutige Vorbilder für den entfesselten, asozialen Freddy Borchert waren die von Paul Newman, James Dean und ganz besonders Marlon Brando gespielten Figuren, die in ihren entsprechenden Filmen die aufstrebende Kehrseite von Bourgeoisie und Establishment inkarnierten und zugleich deren amorph-diffuse Zukunftsängste umrissen: Der verlorene Sohn, der dem wohl behüteten, von Zucht und Ordnung geprägten Elternhaus den Rücken kehrt und alles das tut und anhimmelt, was die Eltern verbieten und verdammen, von sozialen Regelübertretungen bis hin zu handfester Kriminalität. Alles über 30 hat prinzipiell Unrecht und grundsätzlich kein Vertrauen verdient; was nicht vertrauenswürdig ist, kann automatisch nur feindlich gesonnen sein und gehört bekämpft. So einfach funktionierte die Kausalkette zumindest der Dystopisten, die in der Nachwuchs-Delinquenz die begründete Gefahr des gesellschaftlichen Kollaps absahen. Im Deutschland der Nachkriegsjahre und der „verantwortlichen“ Elterngeneration kam dieser Entwicklung noch eine besondere, zusätzliche Qualität zu: In einer Szene ertönt ein von einem Marsch unterlegtes Volksmusik-Stück aus der Wurlitzer, was Freddys Clique umgehend zu einem angewiderten Abgang veranlasst. Natürlich liebten die Kids die entsprechenden Filme und so sahen sich die Kreativen oder zumindest die Verleiher in der unausgesprochenen Pflicht, entsprechende Warnhinweise abzuliefern – hier geschehen in Form von Schrifttafeln zu Beginn des Films und natürlich des tragischen Finales, das offen lässt, ob Freddy seine unselige Rebellion mit dem Leben bezahlen müssen wird. Zumindest wartet erstmal die Besserungsanstalt auf ihn und seine vormaligen Getreuen. Durchaus reaktionär konnotiert derweil die Rolle der Frau bzw. des Mädchens Sissy Bohl. Diese stellt sich am Ende als der Motor und Auslöser von Freddys kriminellem Aufbegehren heraus und ist mit ihren 15 Jahren noch weitaus gewissenloser (vielleicht aufgrund ihrer jungen Jahre auch einfach bloß moralisch indifferenter) als die Jungs, die zwar gefährliche Gesten aus dem FF beherrschen, aber ebensogut wissen, welche Grenzen unübertreten zu bleiben haben. Der Satan – er muss doch weiblich sein…

8/10

2 Gedanken zu “DIE HALBSTARKEN

  1. Meine Güte – damals war’s; Die Filme. Die Mottenkiste. Und man kannte die Darsteller. Karin Baal, Ledinek und Horst Buchholz.
    Wie viel steckte von ihrem Selbst in den Rollen. Diese Zeiten werden mir immer unvergeßlich bleiben. So vor sechzig, fünfunfsechzig Jahren – und durch den Krieg verbannt in’s tiefste Keuzberg. Und dann das Kino am Heinrichplatz…..

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