AL CAPONE

„Please don’t call me Scarface.“

Al Capone ~ USA 1959
Directed By: Richard Wilson

1919 kommt der Kleingangster Al Capone (Rod Steiger) von New York nach Chicago um für seinen alten Freund Johnny Torrio (Nehemiah Persoff) als dessen rechte Hand zu flankieren. Mit einigem Geschick arbeitet Capone sich in der kriminellen Hierarchie rasch nach oben, sorgt dafür, dass der alternde Boss Big Jim Colosimo (Joe De Santis) das Zeitliche segnet und übernimmt schließlich das Geschäft des sich nach einem Anschlag auf sein Leben zu Ruhe setzenden Torrio. Es gelingt ihm sogar, Maureen Flannery (Fay Spain), die Witwe eines durch Capones Schuld ermordeten Wachmannes, für sich einzunehmen. Capone setzt sich an die Spitze der Chicagoer Syndikate und profitiert als Alkoholschmuggler besonders von der Prohibition, den unbestechlichen Sergeant Schaefer (James Gregory) stets auf den Fersen. Selbst von seinem späteren Exil in Florida aus zieht Capone weiterhin sämtliche Fäden in Chicago, bis er infolge einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung nach Alcatraz geschickt wird.

Die erste große Spielfilmbiographie über den wohl berühmtesten und berüchtigsten aller großen Gangster des zwanzigsten Jahrhunderts profitiert besonders von zweierlei: Lucien Ballards tadelloser Photographie und Rod Steigers brachialem Spiel. Steiger, dessen Physiognomie der des realen Capone deutlich näher kam als die diverser anderer populärer Interpreten des Bosses aller Bosse (man denke etwa an Paul Muni als Quasi-Capone Tony Camonte, an Jason Robards, Ben Gazzara oder Robert De Niro), schaffte durch sein method acting ein ebenso authentisches wie nunanciertes Porträt; gewalttätig, grobschlächtig, clever, aber ungebildet, narzisstisch und opportunistisch ist sein Capone; einer, der die Regeln der Unterwelt blind beherrscht und seinen Weg unbeirrt meistert. Das blutige Valentinstags-Massaker in Chicago dirigiert er telefonisch von seiner Couch in Florida aus, während er sich mit einem unbeflissenen, gesetzten Hausgast bei Whiskey und Opernarien ein bombensicheres Alibi verschafft. Das sind Momente für die Ewigkeit, ebenso wie Martin Balsams Auftritte als kriecherischer, korrupter und wieselhafter Journalist / Berater Mac Keeley, dessen notorische Spielsucht ihn zum Verräter werden lässt. Für höchste emotionale Intensität sorgen die Sequenzen um Capone und Maureen, deren Zuneigung sich der vernarbte Gangsterboss unter allerlei Lügen und Gesäusele aufwändig erobert (und dabei tatsächlich so etwas wie Rührung für sich evozieren kann), nur um am Ende, als sie endlich die Wahrheit aus ihm herausquetscht, auch von ihr fallen gelassen zu werden. Es ist schließlich wie bei allen großen (Film-)Bösewichten: Der Aufstieg wird hart erwirtschaftet, der tiefe Fall gerät umso härter – in Alcatraz wird Capone von einer Reihe früherer Übervorteilter und Neider attackiert, was in Kombination mit anderen Leiden und Gebrechen den ehemals großen Verbrecher vollends, auch persönlich, entthront. Man hat da fast ein wenig Mitleid mit ihm.

8/10

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