THE ACCIDENTAL TOURIST

„I don’t really care for movies; they make everything seem so close up.“

The Accidental Tourist (Die Reisen des Mr. Leary) ~ USA 1988
Directed By: Lawrence Kasdan

Macon Leary (William Hurt) hat einen eigenartigen Beruf: Er schreibt Reiseführer für Menschen, die das Reisen hassen. In seinen Ratgebern stehen Tipps, wie man auch in der Ferne kaum bemerkt, dass man von zu Hause weg ist, wie man es möglichst vermeiden kann, sich an fremde Lokalitäten zu adaptieren und was man tun muss, um nicht mit anderen Leuten ins Gespräch zu kommen. Seit Macon vor über einem Jahr seinen kleinen Sohn Ethan (Seth Granger) infolge eines Raubüberfalls verloren hat, schlummert auch die Ehe mit seiner Gemahlin Sarah (Kathleen Turner) nahe des Gefrierpunkts. Eine Trennung scheint unausweichlich. Da lernt Macon die unkonventionelle Hundetrainerin Muriel Pritchett (Geena Davis) kennen, die ein ungemeines Interesse an ihm zeigt. Trotz ihres Einsatzes schafft sie es jedoch zunächst nicht, Macon aus der bleiernen Lethargie seiner Trauer herauszuholen. Da meldet sich Sarah wieder und bietet Macon an, ihrer Beziehung noch eine Chance zu geben.

In seiner vierten Regiearbeit in direkter Folge des angemessen spektakulären Retrowesterns „Silverado“ wiedervereint Lawrence Kasdan William Hurt und Kathleen Turner, die beiden Hauptdarsteller seines Regiedebüts, des erotischen neo noir „Body Heat“, und versetzt sie in ein immens differentes Szenario. „The Accidental Tourist“ lokalisiert sich im herbstlichen Neuengland, passend zu der generalisierten Depression seines Protagonisten. Abgesehen von zwei oder drei Ausbrüchen, die dann erfolgen, wenn Macon Leary sich von seinen Partnerinnen allzu weit in eine emotionale Ecke gedrängt fühlt, spielt William Hurt seine Rolle mit ganz wunderbar stoischer Teilnahmslosigkeit und Lakonie. Die ersten Minuten lassen ein schweres Verlustdrama von ähnlichem Format wie Redfords „Ordinary People“ erahnen, dann vollzieht Kasdan jedoch eine Wende hin zu leiser Komödie: Nachdem Sarah weg ist, zieht Macon zu seinen drei spleenigen Geschwistern Porter (David Ogden Stears), Charles (Ed Begley Jr.) und Rose (Amy Wright), die innerhalb einer Zweckgemeinschaft leben, in der sich ihre infantile Verhaltensschemata und Neurosen irgendwann so fest verwurzelt haben, dass sie niemandem von ihnen mehr auffallen oder seltsam vorkommen. Selbst Macon fällt es, obschon er als einziger des Quartetts den Ausbruch mitsamt Familiengründung geschafft hat, nicht schwer, in den geschwisterlichen Schoß mit seinem vollständig ritualisierten Alltag zurückzukehren. In der ebenso sensiblen wie witzigen Porträtierung der Learys liegt dann auch die größte Qualität des Films; Macons Unentschiedenheit zwischen dem altvetrautem Beziehungstrott mit Sarah und einem Neuanfang mit der quirligen Muriel bremsen ihn derweil fast schon ein wenig aus, wenngleich Geena Davis in einer ihrer schönsten Rollen zu bewundern ist. Dass Filme, in denen Hunde in prominenter Rolle zu sehen sind, wie in „The Accidental Tourist“ der knuffige Corgi Edward, sich häufig ohnehin einen eher umweglosen Zugang in mein Filmherz erwirtschaften, wird mancher, der diese Zeilen liest, wissen. So…

8/10

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