A ROOM WITH A VIEW

„A young girl, transfigured by Italy! And why shouldn’t she be transfigured?“

A Room With A View (Zimmer mit Aussicht) ~ UK 1985
Directed By: James Ivory

Auf einer Bildungsreise nach Florenz lernt die gutem Hause entstammende, junge Engländerin Lucy Honeychurch (Helena Bonham Carter) den libertinen Freigeist George Emerson (Julian Sands) kennen und verliebt sich in ihn. Ein leidenschaftlicher Kuss während eines Ausfluges in die Provinz wird jedoch als allseits unpassend erachtet, so dass Lucy George spätestens nach ihrer Heimreise nach Surrey dem Vergessen anheim stellt. Doch wie der Zufall es will, mietet Georges Vater (Denhom Elliott) ein leerstehendes Haus in der Nachbarschaft, so dass schon bald die schicksalhafte Wiederbegegnung folgt. Dabei hat Lucy bereits den weitaus standesgemäßeren Heiratsantrag des versnobten Cecil Vyse (Daniel Day-Lewis) angenommen…

James Ivorys E.M. Foster-Verfilmungen stehen schon seit langem auf meiner Wunschliste. „A Room With A View“ nun erfüllt meine Erwartungen an ihn überraschend exakt. In edwardianischem Ambiente spielend, ermöglicht er Ivory vor allem die ausufernd prächtig ausgestattete Inszenierung einer ehern traditionsverhafteten, strikt britischen Romanze, die es tatsächlich bewerkstelligt, sich wie ein Fenster in eine achtzig Jahre zurückliegende Ära auszunehmen. Aus heutiger Warte betrachtet wirken deren Protagonisten nurmehr wie bemitleidenswerte Sozialfossilien. Strengstmöglichem Standesdünkel unterworfen, negieren sie wie selbstverständlich Leidenschaft und Emotion, führen ein bis ins kleinste Detail durchkontrolliertes Leben zwischen Verhaltenskodex und Verklemmtheit. „A Room With A View“ berichtet nun von einer dringlichst notwendigen, sittlichen Zäsur, einem Aufbegehren gegen das zuvor stets Gehörige. DieLiebe zwischen Lucy und George scheint daher von vornherein zum Scheitern verurteilt; jener verschroben wirkende, junge Mann, der Leben und Freiheit bereitwillig in beide Arme schließt, kann für eine Dame von Miss Honeychurches Zuschnitt, die ihre dereinst zugeknöpfte Rolle als künftige Gattin eines „gleichwertigen“ Gentleman längst internalisiert hat, kaum der Richtige sein. So bedarf es erst vieler Lügen, Irrnisse, Wirrnisse und Zufallsmomente, um aus Lucy endlich den Part einer selbstbestimmten, dem Glück zugetanen Frau zu destillieren. Nicht ohne den für eine viele Dekaden später erfolgende Adaption gebührlichen, subtilen Humor nimmt sich Foster diese überaus umständliche Liebesgeschichte her und führt sie zu ihrem krönenden Abschluss, der endlich das entspannte Paar in glücklicher Zweisamkeit zeigt, für das seine Zeit eigentlich kein Verständnis gehabt hätte.

8/10

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