POLICE

Zitat entfällt.

Police (Der Bulle von Paris) ~ F 1985
Directed By: Maurice Pialat

Während er gegen einen aus tunesischen Migranten bestehenden Dealerring ermittelt, lernt der Pariser Polizist Mangin (Gérard Depardieu) Noria (Sophie Marceau), die Freundin eines der Verdächtigen, des in U.-Haft wandernden Simon Sinan (Jonathan Leïna) kennen. Die junge, opportunistische Frau spielt ihr ganz eigenes Spiel und knüpft Kontakte und Liebesbeziehungen, wie sie ihr gerade zupass kommen, sei es zu Simons windigem Anwalt Lambert (Richard Anconina) oder eben zu Mangin, dem es auf Biegen und Brechen nicht gelingen mag, eine neue Frau fürs Leben zu finden. Als Noria dem Gangsterclan eine Tasche prallgefüllt mit Bargeld und Kokain stiehlt, begibt sie sich in tödliche Gefahr.

Das Script zu „Police“ stammt in Kooperationsarbeit von der Ausnahmefilmerin Catherine Breillat und gibt sich so offensiv sperrig und unzugänglich, wie man es von ihren eigenen Regiearbeiten gewohnt ist. Garantiert keine der zentralen Hauptfiguren dient sich zur Publikumsidentifikation an – Mangin, den wir die meiste Erzählzeit durch das verworrene Beziehungsdickicht begleiten, wirkt etwa wie der reinkarnierte Protagonistenarchetyp aller hardboiled-Polizeigeschichten der Welt. Ein Zyniker durch und durch, bullig und eigenbrötlerisch, bisweilen zu spontaner Gewalt neigend, nach Liebe und Zärtlichkeit gierend und doch unfähig, selbige zurückzugeben. Auch er lässt sich, wohl gezwungenermaßen, durch die Stadt treiben wie eines ihrer übrigen millionen von Zahnrädchen, weiß als beständiger Kämpfer gegen Windmühlen, dass selbst seine Position als sogenannter Gesetzeshüter kein Fünkchen von Besserung gewährleistet und wird, vielleicht aus einer irrationalen Bequemlichkeit heraus, ewig so weitermachen wie bisher. Insofern unterscheidet sich die wesentlich jüngere Noria [allein innerhalb des Filmgeschehens die dritte Frau, mit der er versucht, Beziehungsbande zu knüpfen nach der Hure Lydie (Sandrine Bonnaire) und der Nachwuchskommissarin Marie (Pascale Rocard)], was ihre bereits vorgealterte Lebensweisheit und ihre amoralische Abgeklärtheit anbelangt, am Ende überraschend wenig von Mangin – auch sie nimmt die Abzweigungen, die ihr jeder neue Tag bietet, mit der steten Contenance der Vertrauensverweigerung. So mäandern die beiden durch einen im Prinzip völlig beliebigen Kriminalplot, eine urbane Allerweltsgeschichte, in der es nichtmal Tote gibt, wenngleich zumindest entsprechende Versuche stattfinden. Doch selbst die stets an der Grenze zur Parodie entlangschrammenden Tunesier wirken mit ihrem überkommenen muslimischen Ethos als relativ unbeholfene, beinahe inkompetente Kriminelle, die erst lernen müssen, mit dem befremdlich-entmoralisierten Habitus der nordwestlichen Großstädter klarzukommen. Eine scheinbar unerhebliche Nebenepisode verdeutlicht, wie beiläufig und realitätsverwurzelt „Police“ im Kern eigentlich ist: Ein junger Schläger, dem Mangin während eines Verhörs kurzerhand die Nase bricht, taucht gegen Ende des Films wieder auf und lädt ihn zu einem Schnaps ein. Man erwartet bereits, dass jetzt etwas Tragisches passieren muss, eine späte Rache vielleicht, ein Heckenschuss aus der Nacht, – doch: nichts. „Police“ endet so, wie er begonnen hat: mittendrin.

8/10

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